Raeuber & Stehler verstehen sich als interdisziplinäre „on- und-offline-Community“, die sich je nach Projekt und Interesse immer wieder neu zusammenfügt. Ihren Konsens finden die jeweiligen AkteurInnen im Bewusstsein darum, dass sich jede Form kultureller Produktion an Bestehendem orientiert. Ideen sind stets durch den sozialen Kontext beeinflusst, in dem sie entstehen – so beschäftigt die Gruppe seit Beginn der Umgang mit Quellen und Autorenschaft. Raeuber & Stehler bedienen sich bewusst und transparent an bereits Gedachtem oder Gemachtem, schreiben sich damit selbst in die „Geschichte“ mit ein und stellen diesen Inhalt wiederum zur Verfügung. Passend ihr Webseiten-Slogan: „Wir nehmen was wir brauchen und geben was wir können“.
Die Leiterinnen des Ausstellungsraumes Depot Basel – Ort für kontemporäre Gestaltung, der sich mitten an einer urbanen Kreuzung in Basel Nord befindet, lud die Gruppe ein, im Rahmen des Display-Formates* die Aussenvitrinen des Depots als Interaktionsfläche zu bespielen. Raeuber & Stehler waren interessiert am Gespräch und Austausch mit den PassantInnen, die an den Schaufenstern jeweils vorbei schlendern, gehen oder hetzten − das sind Grossmütter, Schulkinder, aber auch Strassenfeger und Pharmamanager. Hierfür richteten Raeuber & Stehler an zwei Wochenenden ein „Maker Space“ ein und testeten in den Vitrinen von Depot Basel ihre eigens entwickelten Displays in Hinblick auf deren poetisches und partizipatives Potential im Schaufenster.
Das Anliegen von Raeuber & Stehler war, handwerkliche Fähigkeiten, technische Lösungen und ihr Programmierwissen vor Ort spielerisch weiterzuentwickeln und mit anderen zu teilen. Auch versuchten sie „technische Blackboxes“ zu hacken und damit sich Ausdruckpraktiken zu verschaffen, die auf Betrachterseite Momente der Irritation oder des Innehaltens im öffentlichen Raum ermöglichen. Technik ist für Räuber & Stehler genauso wie die Poesie ein Medium, in dem sich jemand mitteilen kann. Was die Sprache für den Dichter oder die Dichterin ist, sind der Programmiercode, die am Computer gezeichneten Bauteile oder die Anleitungen zum Nachbau für die TechnopoetInnen.
In den Schauflächen die zur Schnittstelle zwischen Innen und Aussen, zwischen Maschine und Mensch wurden, weckten sie mit einer Interaktionsmöglichkeit, mit Poesie und technischem Knowhow die Neugier und den Spieltrieb der PassantInnen. Im Raum selber wurden, ganz im Sinne des Opensource-Gedankens und der Do-it-yourself-Idee, auch Laien mit Bauplänen, Lötkolben und Platinen bemächtigt, selbst Hand anzulegen. Das Ziel von Raeuber & Stehler war es, Hemmungen vor dem Selbermachen und Programmieren abzubauen KomplizInnen für sich zu gewinnen.
Über Depot Basel
Depot Basel wurde im Juni 2011 in Eigeninitative gegründet. Zum heutigen Kernteam gehören die Gestalterinnen Matylda Krzykowski und Laura Pregger, der Prozessgestalter Moritz Walther, der Ökonomen Elias Schäfer und die Designautorin und Lektorin Rebekka Kiesewetter. Gemeinsam ist allen das Interesse an der theoretischen und praktischen Auseinandersetzung mit dem Thema Gestaltung, an deren Präsentation, Vermittlung und Förderung.
Depot Basel ist bestrebt aktuelle Themen zu benennen und den Facettenreichtum gestalterischer Arbeit sicht- und erfahrbar zu machen, ohne beim Blick auf Zeitgenössisches das Vergangene aus den Augen zu lassen.
Depot Basel interessieren die Geschichten, die Menschen mit Dingen verbinden, und es möchte zeigen, wie viel Design mit jedem zu tun hat. Auch jene Bereiche der Gestaltung sollen im Zentrum stehen, die dem Käufer beim Erwerb eines Produkts oft verborgen bleiben: Macher, Ideen und Konzepte, Herstellung und Handwerk. Depot Basel möchte auch zeigen, dass Design nicht immer greif- und sichtbar sein muss, sondern durchaus auch als Prozess verstanden werden kann, und dass es sich weder nach Landes- oder disziplinären Grenzen richtet.
*Display-Format: Das Schaufenster ist die Schnittstelle von Innen und Aussen und dient Depot Basel als lokal verankerte, rund um die Uhr zugängliche Ausstellungsfläche. GestalterInnen werden eingeladen ihre Arbeiten vorzustellen und das Display zur Vermittlung und Kommunikation von Inhalten zu nutzen.