Der Dialog

Quirin sagt! Flavio zeigt!

Nathan:    Ich bin schuld daran.
Brutus:      Sehr richtig.
Nathan:    Wartet. Ich bin schuld daran, dass die Menschen, das Volk, immer weiter verblöden.
Brutus:      Daran insbesondere.

Nathan:    Ich habe durch mein Nichtstun den Leuten grösstmögliches Unglück gebracht.

Brutus:      Endlich kommt er zur Einsicht.

Nathan:    Ich habe ihnen erlangte Weisheiten vorenthalten, ihnen Wissen von Philosophie, Recht und Medizin und auch Theologie verheimlicht. Wissen, das sie wissen könnten verschwiegen.

Brutus:      Das muss ins Protokoll!

Nathan:   Stattdessen hab ich ihnen in schönen Sätzen nichts beigebracht. Ja, ich hab mich ergötzt an ihrem eifrigen Mitschreiben und Lechzen nach neuen Sätzen.

Brutus:      Oh ja, daran erinnert sich keiner gerne! Was haben wir alle nicht blöd geguckt, als uns gesagt, wurde, dass es nichts wert ist.

Nathan:    Ganz recht. An seine Dummheit wird der Mensch selten gerne erinnert.

Brutus:      Sagt nun, was Eure Pflicht gewesen wäre.

Nathan:    Ich weiss es nicht.

Brutus:      Doch. Ihr hättet uns belehren können, uns sagen können, wie wir leben sollen, wann wir sterben sollen. Ihr hättet uns vom Regen erzählen können und von der Sonne, von der Liebe und vom Geld.

Nathan:    Woher wisst Ihr von alldem?

Brutus:      Ich weiss nichts. Mir wurde ja auch nichts gesagt. Ich denke es mir nur. Sagt Ihr es mir, dann weiss auch ich etwas.

Nathan:    Also Regen ist, wenn’s nass ist, und Sonne, wenn nicht. Liebe, die lebt, und Geld, das ist.

Brutus:      Danke. Ihr werdet das jetzt allen kundtun.

Nathan:    Keine Lust.

Brutus:      Seid Ihr denn nicht reuig?

Nathan:    Nein.

Brutus:      Schade. Dann, lebt wohl. – Wachen! Führt diesen dummen Menschen ab. Er soll morgen hingerichtet werden.