Der Winter ist vorbei und damit auch die zweite Saison brunnen gehn. Die Brunnenheizer*innen haben an vier kalten Abenden eingeheizt: Im Engelsbrunnen, im Faule-Magd-Brunnen, im Stachelschützbrunnen und im Wettsteinbrunnen wurde gebadet und an der Schanzenstrasse 11 der Verband pro fontaines chaudes gegründet. Jetzt heisst es erst im Oktober wieder «Lass ma Brunnen gehn!»
brunnen gehn ist die Kurzform des Slang-Ausdrucks «Lass ma‘ Brunnen gehn» und bedeutet: «Komm, wir gehen im Brunnen baden.» Gemeint ist das Baden in warmem Wasser, in öffentlichen Dorf- und Stadtbrunnen der Schweiz.
Die Brunnenheizer*innen, die sogenannten chauffeurs de fontaine, heizen während der kälteren Jahreszeit mittels einem holzbefeuerten, mobilen Ofen das Wasser in ausgewählten Brunnen auf eine angenehme Badetemperatur (37.5°C – 40.5°C). Dabei verwandeln sie die Brunnen, die in der Schweiz fast nur noch einen dekorativen Zweck erfüllen, zurück in Orte für sozialen Austausch.
Der Verband pro fontaines chaudes, der Brunnenheizerinnen und Brunnenheizer ausbildet, bezieht sich dabei auf die verlorene soziale Funktion der Stadtbrunnen, die in Basel ab 1866 mit den Erneuerungen der Trinkwasserversorgung der IWB (Industrielle Werke Basel) und ersten Leitungsführungen direkt in die Häuser verloren ging. Die chauffeurs de fontaine beleben tagsüber das Quartier und schaffen damit abends temporär einen warmen und geselligen Ort. Sie heizen für ein Entspannungsbad nach der Arbeit und somit für das gesellschaftliche Wohlbefinden.
Dass in Basel in öffentlichen Stadtbrunnen gebadet wird, ist nicht neu, denn auch im Sommer wird zur Abkühlung schon länger in Brunnen gebadet. brunnen gehn ist in der Schweiz für viele noch eine Irritation des Alltags. Denkt man aber an die skandinavische Badekultur, ans Baden in Hot Pots oder an die japanischen Onsen, wird das Baden in öffentlichen Brunnen möglicherweise schon bald zur beliebten Erweiterung der hiesigen Sozialrituale.
Dafür wurde im 2017 der Verband pro fontaines chaudes gegründet. In der Satzung steht: «Wir engagieren uns für die Erhaltung und Verbesserung der Schweizer Sozialhygiene, für die Verbesserung der rechtlichen Lage des öffentlichen Brunnenbadens, und fördern die Erhaltung der historischen Brunnen und sauberen Trinkwasssers.» Darüber hinaus wollen sie, dass der neuhergebrachte Beruf des Brunnenheizers – wie es dort heisst – in der gesamten Schweiz an Aufmerksamkeit und Akzeptanz gewinnt.
Hier gibt es noch einen SRF-Radiobeitrag «Baden in Basler Brunnen» vom Regionaljournal am 7. März 2018 über die Brunnenheizer*innen.
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