«Nothing happens in isolation. There is always a squad, collaborators, a body that supports change occuring.» Sage Crump in brown 2017, S. 98
ON ISOLATION waren öffentliche Momente, in denen die Diplomierenden des Instituts HyperWerk der Hochschule für Gestaltung und Kunst FHNW mit ihren Arbeiten in Verbindung nach aussen treten konnten. Vom 17.-23. Mai 2021 fanden dezentrale, hybride Format-Inseln statt wie Radiosendungen, interaktive Livestreams, Talkrunden und Spaziergänge.
ÜBER ON ISOLATION
Wir sind ständig on und trotzdem fühlen wir uns verinselt. Wie werden – irgendwo zwischen digitaler Vernetzung und physischer Vereinzelung – gemeinsame Momente und Erlebnisse möglich?
Dieses Jahr wird am HyperWerk mit dem Sinnbild eines Archipels gearbeitet: HyperWerker*innen positionieren sich, existieren sowohl für sich als auch in Verbindung oder Abgrenzung zu anderen, leisten einen Beitrag zu benachbarten Inseln und zur Polyphonie des Instituts. Sie beziehen sich auf das archipelische Denken, wie es der Poet, Philosoph und Schriftsteller Édouard Glissant formuliert. Archipelisches Denken hat kein Zentrum, es ist vielmehr ein Beziehungsnetz, in dem zirkulierendes Denken praktiziert wird. Dabei ist es suchend, herausfordernd und ambivalent. Es ist im Werden. Inselkonstellationen stehen in Beziehung trotz und wegen ihrer Verschiedenheit. Sie sind umgeben von gemeinsamem Wasser.
Die Diplomierenden Benjamin Adler, Gabriel Aeschbach, Marco Alessio, Michael Altmann, Glenn Asumadu, Fabio Bissinger, Manuel Burgener, Jade Costello, Brianna Deeprose-O’Connor, Nicolas Dubied, Delia F., Kira Herrmann, Debi Kleeb, Cedric Kleinemeier, Roland Knubel, Val Noëlle Kobi, Serena Sophita Lehmann, Valentina Merz, Mirabel Moritz, Serafina Ndlovu, Tom Nieke, Anja Carina Kamala Salzmann, Luca Schindler, Aline Schmid, Christoph Schneider, Tabea Wappler, J Wessels und Karim Wiesmann beschäftigen uns unter anderem mit Themen wie Freundschaften, Zusammenleben, transformative Gerechtigkeit, Repräsentation, kritische Männlichkeiten, Storytelling, Consent, Science Fiction, Bedeutung von Handwerk heute, Arbeiten im Kollektiv, Musikmachen, Internet, Schulformen, soziale Permakultur, DIY, Organisation und Selbstständigkeit.
Prozessgestaltung
ON ISOLATION wurde von dem Projektteam ONION konzipiert, dessen Name sich aus dem Wortspiel ON I(SOLATI)ON ableitet und auf die Vielschichtigkeit des Prozesses hinweist. Wir, Roland Knubel, Aline Schmid, Christoph Schneider, Tabea Wappler und Ivana Jović, arbeiteten aufgrund der Pandemie über den ganzen Prozess hinweg digital zusammen. Wir koordinierten und entwickelten mehrere Workshops in Zoom und auf dem Online-Whiteboard Miro, an denen der Abschlussjahrgang teilnahm. Im Zentrum stand dabei die Frage, wie 28 Diplomierende mit heterogenen Bedürfnissen und aus unterschiedlichen Disziplinen mit ihren Projekten, online, an eine Öffentlichkeit treten können.
Es entstanden ein einwöchiges Programm und die Website onisolation.hyperwerk.ch, auf der Livestreams und Radiosendungen zugänglich gemacht wurden. Wir agierten dabei stets als vermittelnde Schnittstelle zwischen den einzelnen so genannten Format-Inseln, in denen sich die Diplomierenden interessengeleitet zusammenschlossen.
Wie möchten wir die Zusammenarbeit gestalten? Und wie gehen wir diesen Prozess an? Aufgrund dieser Fragen verhandelten wir im Projektteam ONION unsere Haltung. Die Konzepte der Adaption, Interdependenz, und Dezentralisierung, wie sie die Autorin adrienne maree brown in ihrem Buch «Emergent Strategy» benennt, waren dabei leitend für uns. Gleichzeitig spielte Transparenz in der Kommunikation eine wichtige Rolle. Das Online-Whiteboard ermöglichte es, die komplexen Arbeitsschritte zu visualisieren und sie einer grösseren Gruppe verständlich zu machen. So konnte ein kollektiver Prozess entstehen und eine transparente Informationsvermittlung fliessen.
Die Idee der Workshops war es, dass sich die 28 Studierenden zu Format-Inseln zusammenschliessen. «Dezentral aber verbunden» diente als unser Leitsatz, um auf die unterschiedlichen Interessen der Diplomierenden einzugehen. Wir sammelten die Ideen, Ängste, Hoffnungen und Gedanken der Diplomierenden – aufgrund derer konnten wir dann das Konzept adaptieren und bedürfnisorientierter gestalten. Durch viele Schnittstellen entstand ein Netz von Beziehungen, in denen Interdependenz geschaffen wurde. Studierende gingen in gebündelten Inseln ihren Bedürfnissen nach und gestalteten Beiträge, die in Verbindung oder Differenz zu ihren Mitabsolvent*innen standen. Dabei war es ihnen offen, ob sie die Format-Inseln strukturell und organisierend mitgestalteten oder Content-Beiträge mit ihren Diplomthemen entwickelten.
Aufbauend auf diesen Workshops konnte sich das dezentrale Arbeiten entfalten. Wir als Projektteam ONION traten in eine unterstützende Rolle, sowohl bei Koordinationsfragen wie auch bei technischen Fragen betreffend Streaming. Um eine partizipative Kollektivität voranzutreiben, boten wir vom Projektteam ONION wöchentliche Treffen an, in denen wir beispielsweise die Formattexte, die Idee der Website, das Keyvisual und die Programmation besprachen. Durch die transparente Vermittlung aller Aufgaben konnten die Diplomierenden immer wieder ihre Ideen und Erwartungen, Wünsche und Kritik einbringen, so dass wir stetig die Workshops, die Treffen und die Abgaben darauf adaptieren konnten.
Daraus entstanden BRUNCH BABY, ein grosses Radio-Format mit 9 Studierenden, MINDSNACKS FOR DINNER, BABY!, ein Film-und-Talkrunden-Format mit 4 Studierenden, und ISOlala 3006, ein Spaziergang vor Ort mit 6 Studierenden, der als Dokumentationsfilm im Livestream gezeigt wurde. Darüber hinaus gab es 7 einzelne Formate mit Livestream-Beiträgen, die über die Woche verteilt übertragen wurden.
Zusammenarbeit
ON ISOLATION ist ein Ergebnis kollektiver Autor*innenschaft. Rund 50 Menschen waren daran beteiligt – Diplomierende aus dem dritten Jahr am HyperWerk sowie Studierende aus den ersten beiden Jahren, HyperWerk-Staff und externe Personen. Trotz Covid-19 und mit den Präsenzeinschränkungen gelang es uns, gemeinsam ein zeitgemässes Online-Event zu schaffen. In diesem vielschichtigen Prozess begleiteten uns Gedanken zu digitaler Zugänglichkeit, die wir gemeinsam aushandelten und bei denen wir uns für oder gegen gewisse Dinge wie Mehrsprachigkeit oder spezifische Tools entschieden. Wir kümmerten uns darum, das Video- und Radio-Streaming technisch zu ermöglichen und alle Beteiligten so zu schulen, dass sie selbstständig und eigenverantwortlich handeln und arbeiten konnten. Zum gesamten Stimmungsbild trug massgeblich das von Anna Bierler entworfene visuelle Erscheinungsbild bei, welches durch verschiedene Videos von Diplomierenden ergänzt wurde. Diese Videos dienten als Hintergrund der ON ISOLATION-Website, welche von Anna Laederach und Benedikt Wöppel entworfen und programmiert wurde.
Wir danken allen für die tolle Zusammenarbeit!
Text
Aline Schmid, Ivana Jović und Tabea Wappler für das Projektteam ONION
Literaturverzeichnis
brown, adrienne maree. (2017). Emergent Strategy: Shaping Change, Changing Worlds. AK Press, Chico CA