Ping Kong ist ein Prototyp für studentische Projekte im Rahmen des neuen Campus der HGK Basel. Immer am ersten Mittwoch des Monats laden wir zum gemeinsamen Essen, Biertrinken und Pingpongspielen ein. Wir leben den Austausch, erkunden die verborgenen Potentiale des Campus und wollen ihn vom Kopf auf die Füsse stellen.
Als ich mich neulich auf dem Campus auf einem der teuren Designerstühle fläzte, surrte eine Biene an meinem Kopf vorbei. Sie schwirrte ein paar verwirrte Runden über den Platz, ehe sie auf dem Tischchen vor mir landete. Sie tat mir leid, denn der Campus ist kein Ort für Bienen – zu viel Beton, zu wenige Blüten. Vermutlich stammte sie aus den angrenzenden Meriangärten und hatte mit so viel Tristesse gleich ums Eck nicht gerechnet.
Im ersten halben Jahr hatten wir uns mit dem studentischen Projekt Ping Kong darauf beschränkt, Partys zu organisieren, um die Atmosphäre zwischen den StudentInnen aufzulockern. Im Frühjahr änderten wir unsere Taktik und entschlossen uns, bleibende Spuren an der Architektur zu hinterlassen. Wir organisierten einen Pingpongtisch, Feuerschalen, zwei Grills, und als letzte Stufe bauten wir einen Garten. Wir wollten den Campus „umfrisieren“, denn wir hatten nie wirklich einen Zugang zu diesem Ort gefunden – wir konnten ihn uns nicht aneignen.
Da wir mit unserer gärtnerischen Verschönerungsmassnahme den Geschmack der Hochschulleitung verfehlt hatten, wurden wir ins Büro der Direktion zitiert. Dort dankte man uns für die bisherige Arbeit, zeigte sich dem Garten gegenüber aber verständnislos.
Man erwarte ein schriftliches Konzept und mehr Kooperation und Dialog mit der Hochschulleitung. Wir reichten daraufhin ein Pamphlet nach, das die Gedanken hinter der Intervention erklärte; vom Einreichen eines ausformulierten Konzepts sahen wir aber ab.
Zurück zur Biene. Der Grund warum sie auf dem Vorplatz keine Blumen mehr fand, war nicht ein fehlendes Konzept, denn der Garten wuchs friedlich vor sich hin.
Die „Celebration of the Campus of the Arts“ stand an, und wir wurden erneut zum Gespräch eingeladen. Auf dem Vorplatz – die Direktion nennt ihn „Bühne“ – sollte ein lachsfarbener Teppich ausgerollt werden, und deshalb mussten die kleinen Gartencontainer weg. Wir taten, wie uns geheissen, und stellten die Blumenkübel in den kleinen Park neben Radio X. Es dauerte keine Viertelstunde, bis ein Angestellter der Merian-Stiftung auftauchte und uns sagte, dass der Garten im Weg sei. So verschoben wir ihn ein zweites Mal und stellten ihn zu den Bäumchen neben dem Hochhaus. Die Reaktion der Hochschulleitung kam prompt: Der Garten musste wieder hinter das Ateliergebäude. Man besteht darauf, dass der Atelier-Vorplatz als Galerie oder eben als „Bühne“ zu verstehen sei. Nach jeder Intervention muss der Platz wieder fein säuberlich aufgeräumt an den nächsten Künstler übergeben werden – „Curating the Campus“ nennt sich das in HGK-Newspeak.
Hinter dieser Kuratierungswut steht das Verlangen nach Qualität oder – und das ist eine Frage der Perspektive – ein effizientes Machtinstrument. Der Wunsch nach Kontrolle ist einigermassen verständlich; zugleich stellen der Umfang und die Art und Weise, wie „Kontrolle“ am Campus ausgeübt wird, ein Problem dar. Denn durch das ständige Aufräumen, Abspülen und Abkratzen wird verhindert, dass die Räume Geschichte akkumulieren. Eine Geschichte, die in unzähligen kleinen Schnipseln, Farbtupfern und Fragmenten von vergangenen Entwurfsprozessen und Gedankengängen erzählen würde.
Unsere früheren Institutsräume waren voll mit dieser Art von Geschichte(n), sie waren ein Archiv, das man förmlich spüren konnte – diese Atmosphäre war eine starke Inspirations- und Motivationsquelle, die viele der StudentInnen stark beeinflusste.
Also: Was machen wir hier eigentlich?
Ping Kong ist der Versuch, den Campus mit genau diesen Schnipseln, Farbtupfern und Fragmenten zu versehen. Wir müssen eine alternative Geschichte des Campus schreiben. Eine Geschichte, in der Leute ihre Nächte nicht allein vor dem Bildschirm verbringen, sondern feiern, grillen, reden und (zum Beispiel) Pingpong spielen. Die Geschichte eines unfertigen, rohen Campus, der Veränderungen zulässt, um die Atmosphäre zu verändern und wieder einen Blick auf die Zukunft zu erhaschen, denn ohne Geschichte keine Atmosphäre und auch keine Zukunft.