Schon bevor ich das Studium anfing, hatte ich die Schwierigkeit erkannt, es zu definieren. Das wird sich dann schon klären, denkt man, und so fangen die drei Jahre HyperWerk an. Typischer Small Talk endet stets im Versuch, möglichst einfach die Frage «Was studierst du?» zu umgehen: «Studium an der HGK. Postindustrielles Design. HyperWerk.» Stets lautet die nächste Frage: «HyperWas?“» Die Erklärungsversuche der Studierenden auf diese Frage könnten unterschiedlicher kaum sein. So wird in ein, zwei Wörtern das Studium zusammengefasst und das Gegenüber stillgestellt. Oder die Antwort wird an die Anforderungen eines Jobs angepasst. Statt die Frage wieder selbst zu beantworten, haben wir unsere Gäste des OpenHouse der HGK am 13. Januar 2017 sowie Studierende der HGK gefragt, wie sie das HyperWerk beschreiben würden – in nur einem Satz. Eine Beschreibung zum HyperWerk zu finden, fällt den meisten Gästen nicht leicht. Lachen und ein «Nein, ich habe keinen Satz. Ich überlege mir einen.» oder «Muss mir kurz Gedanken machen.» sind beliebte Ausweichmanöver. Vor allem die Jungen wollen keine Antwort auf diese unbeliebte, weil schwierige Frage geben.
Wenn man das HyperWerk erklären soll, dann ist es ein «Lernlabor. Ausprobierlabor» oder eine «Werkstatt». Dies erklärt jedoch noch nicht viel. Lernen tut man das, was man selbst als notwendig für seine Arbeit erachtet. «Arbeitslos, mit allen Möglichkeit zu tun, was man möchte, in einem geschützten Rahmen». Doch der angeblich geschützte Rahmen fordert viel Eigenverantwortung. Wie leicht wäre es, einen Stundenplan zu haben, einen genauen Plan, wie das Studium zu funktionieren hat, was man lernen muss, was man nach dem Studium arbeitet. Doch das HyperWerk ist ein Studium, dass nicht bei einem Workshop anfängt und bei der Projektmitarbeit aufhört. Es ist überall. So kann ich nicht das machen, was ich will, sondern das, was gut ist für mein Handeln. Von aussen mag das leicht aussehen, doch diese Verantwortung zu tragen ist schwierig. Man muss es aushalten können. «HyperWerk ist die Erkenntnis.» – und Erkenntnisse sind bekanntlich nicht einfach zu erlangen. Beobachtungen zu dem Freiraum, den wir Studierende bekommen und auch nutzen, sind: «Zuerst habe ich euch für die Bekloppten aus dem zweiten Stock gehalten. Das möchte man natürlich nicht sagen, das ist nicht so nett. Beim HyperWerk ist es lustig, es ist abstruser als bei der Kunst, aber immer mit einer Funktionalität.» – «Freigeister» und «Selbstverwirklichung, glaube ich.».
Eine Antwort kann auch schnell in eine Diskussion ausarten, etwa dann, wenn sich Studierende ein gegensätzliches Bild vom HyperWerk gemacht haben. «Totale Individualität», im HyperWerk geht es um jeden einzelnen, und so gibt es so viele Ansichten, wie es Studierende gibt. Also momentan über achtzig Ansichten!
Die Antworten der Gäste zeigen sehr gut, wie das Institut von aussen und auch auf dem Campus selbst wahrgenommen wird. In einzelnen Antworten erkennt man als HyperWerkerin die eigene anfängliche Orientierungslosigkeit. Doch die Beschreibungen sind teilweise so offen, dass die Frage dennoch unbeantwortet bleibt oder neue Fragen aufwirft: «Es ist Hyper.», «HyperKreativ», «Riesiges Spektrum an verschiedenen Sachen», «Vielfältig.», aber auch «Meine Generation versteht nicht alles davon.». Antworten würden die jährlich erscheinenden Diplompublikationen liefern, die das Spektrum der Möglichkeiten aufzeigen.
Aber wieso wollen wir Studierende uns nicht definieren? Wieso nicht klar eine eigene Haltung einnehmen? Wollen wir die Möglichkeit offenlassen, alles zu sein oder nichts? Die eigene Definition ist wichtig; sie ist der Anker im Meer der vielen Möglichkeiten, die das Studium bietet. Nur so kann man uns ernst nehmen, nur so bleiben wir nicht die Bekloppten auf dem zweiten Stock!
Für mich persönlich ist das HyperWerk ein Netzwerk, in dem sich forschende, handwerkende, fotografierende, singende, filmende, denkende und andere Persönlichkeiten miteinander verknüpfen, um eine gesellschaftliche Problematik auf neue Art anzugehen oder aufzuzeigen. Am HyperWerk lernt man, neu zu denken, neu zu handeln, gemeinsam zu agieren statt nur reagieren. «Ein Ort, wo ganz viele Leute zusammenkommen, und so Sachen entstehen, die sonst nirgendwo entstehen können – im Guten wie im Schlechten.» Hier lernt man, mit dem ständigen gesellschaftlichen Wandel umzugehen («Design unserer Gesellschaft»), seine eigene Handlungsfähigkeit einzusetzen und die Postindustrielle Zeit als neue Möglichkeit zu nutzen. «Das HyperWerk ist ein Institut, wo Menschen mit offenen Gedanken Probleme angehen, auf eine Art, die sie für spannend und erforschenswert halten.» Aber auch «Scheitern lernen» ist ein Lernziel.
Das Studium, wie auch die Studierenden selbst, sind in permanenter Veränderung. Sie sind ein Abbild der Gesellschaft, und so bringt jeder Studierendenjahrgang eine eigene Dynamik und eigene Interessenschwerpunkte mit. «Ich finde, das HyperWerk ist eines der dynamischsten, flexibelsten Ausbildungsgefässe der Kunsthochschulen in der Schweiz.» Und so sind diese drei Jahre am HyperWerk auch erst der Anfang des eigenen Tuns.
Wer sich vertieft mit den Themen des HyperWerks auseinandersetzen möchte, kann sich folgender Literatur anvertrauen:
Halter Regine: Über den Zusammenhang von Entwerfen, Produzieren, Gebrauchen. Basel, 2010, online: www.hypermagazine.ch/institut/post-industrial-design
Spielmann Max: Postindustrial Design – Eine Standortbestimmung. Basel, 2016, online: https://issuu.com/hyperwerk/docs/jahrespublikation_digital
Pfeffer Florian: To Do: Die neue Rolle der Gestaltung in einer veränderten Welt: Strategien | Werkzeuge | Geschäftsmodelle. Mainz: Schmidt, 2014
Sennett Richard: Handwerk. Berlin: Berlin Verlag, 2008
Küenzlen Bjørn: Designhelps. Design und Verantwortung. Stuttgart: merz & solitude, 2006